Einstufung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse
Einstufung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse
Wer durch Krankheit, Unfall oder hohes Alter immer mehr auf Hilfe von Anderen angewiesen ist, kann Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragen. Wie viel Geld aus der Pflegekasse gezahlt wird, ermittelt ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK).
Ist ein Antrag auf Leistungen bei der zuständigen Pflegekasse eingegangen, steht ein Besuch des MDK ins Haus. Der MDK ist der Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Die privaten Pflegekassen beauftragen den Gutachterdienst Medicproof.
Beim Hausbesuch prüft ein Gutachter anhand eines standardisierten Fragebogens den Grad der Pflegebedürftigkeit und erstellt darüber ein Gutachten, das für die Pflegekassen die Grundlage zur Einordnung in eine Pflegestufe bildet. Das Gutachten hat damit einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Es werden nur ganz bestimmte Hilfebedarfe für die Feststellung des Pflegebedarfs herangezogen. Zu den so genannten Katalog-Verrichtungen gehören Hilfen für die Körperpflege (zum Beispiel Duschen/Baden, Toilettengang), Hilfen bei der Ernährung (beispielsweise Essen reichen, Portionen in mundgerechte Stücke schneiden) und Hilfen bei der Mobilität (etwa Aufstehen/Zubettgehen, An-/Auskleiden, Gehen). Darüber hinaus wird der Hilfebedarf für die Hauswirtschaft (zum Beispiel Essen zubereiten, Waschen, Einkaufen) ermittelt.
In den Richtlinien zur Begutachtung sind Richtzeiten enthalten, die für die Verrichtung der einzelnen Tätigkeiten angesetzt werden sollen. Da jedoch die tatsächliche häusliche Situation beurteilt werden soll, kann mit entsprechender Begründung davon abgewichen werden. Zeitzuschläge gibt es, wenn die Pflege besonders schwierig ist, etwa wegen versteifter Gelenke, unkontrollierter Bewegungen, starker Schmerzen oder eines hohen Körpergewichts des Pflegebedürftigen.
Liegt Betreuungsbedarf vor?
Mit einem gesonderten Fragebogen überprüft der Medizinische Dienst der Krankenkassen auch, ob „Einschränkungen der Alltagskompetenz“ vorliegen. Ist dies der Fall, können je nach Schweregrad zusätzliche Betreuungsleistungen in Höhe von 104 bis 208 Euro im Monat in Anspruch genommen werden. Für Versicherte mit Einschränkungen der Alltagskompetenz in den Pflegestufen I und II gibt es Aufschläge.
Die Gutachter beurteilen anhand von 13 festgelegten Kriterien die Schwere der „Einschränkungen der Alltagskompetenz“. Diese sind beispielsweise „unkontrolliertes Verlassen der Wohnung“, „mangelnde Einschätzung von gefährlichen Situationen“, „ein der Situation nicht angemessenes Verhalten“ oder „eine Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus“.
Werden bei der Begutachtung wenigstens zwei dieser Kriterien erfüllt, davon eines aus einem eingegrenzten Kriterienkatalog, besteht ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, selbst dann, wenn keine Pflegestufe vorliegt (Pflegestufe 0).
Wie können Sie sich vorbereiten?
Je besser sich der Antragsteller auf den Besuch des Gutachters vorbereitet, umso größer ist die Chance auf ein Gutachten, das dem tatsächlichen Pflegebedarf des Betroffenen entspricht. Denn der Medizinische Dienst bekommt bei seinem Termin nur einen kurzen Einblick in die Lebens- und Pflegesituation einer Person.
Tipp
Folgendes sollten Sie beachten:
Halten Sie über eine Spanne von mindestens 14 Tagen in einem Pflegetagebuch die Zeiten fest, die für Katalog-Verrichtungen (Körperpflege, Ernährung, Mobilität, Hauswirtschaft) benötigt werden.
Besorgen Sie sich alle Unterlagen und Berichte von Fachleuten, die die Krankengeschichte belegen und einen entsprechenden Pflegeaufwand erklären können, zum Beispiel von Hausarzt, Facharzt, Pflegedienst, Therapeuten, Krankenkasse.
Pflegepersonen sollten beim Begutachtungstermin anwesend sein.
Ist bereits ein ambulanter Pflegedienst tätig, so sollte ein Mitarbeiter des Dienstes bei dem Termin dabei sein.
Falsche Antworten, zum Beispiel aus Scham („diese Hilfe habe ich nicht nötig“) oder zu optimistische Antworten („das schaffe ich schon“) können dazu führen, dass keine oder zu wenig Leistungen gewährt werden. Übrigens: Auf Wunsch muss der Gutachter den Pflegebedürftigen auch alleine anhören.
Spätestens fünf Wochen nach der Antragstellung muss die Pflegekasse das Ergebnis mitteilen. Hat ein Angehöriger Pflegezeit oder Familienpflegezeit beantragt, verkürzt sich die Frist auf zwei Wochen. Befindet sich der Pflegebedürftige im Krankenhaus, in einer Rehabilitationseinrichtung, in einem Hospiz oder wird er ambulant palliativ versorgt, muss die Begutachtung innerhalb einer Woche nach Antragstellung erfolgen.
Wie können Sie Widerspruch einlegen?
Sind Sie mit der Einstufung nicht einverstanden, können Sie als gesetzlich Versicherter innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch bei der Pflegekasse einlegen. Fehlt der Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit und die Fristen, können Sie noch innerhalb eines Jahres widersprechen.
Um die Frist zu wahren, reicht zunächst ein formloses Schreiben, in dem Sie den Widerspruch formulieren, eine Kopie des Pflegegutachtens anfordern und darauf verweisen, dass Sie die Begründung nachreichen. Auf das Gutachten haben Sie einen gesetzlichen Anspruch, auf den bereits bei der Begutachtung hingewiesen werden muss. Erst wenn Sie das Pflegegutachten vorliegen haben, können Sie die Angaben des Gutachtens mit der tatsächlichen Situation vergleichen und daraus die Begründung für den Widerspruch ableiten.
Die Pflegekasse wird den Widerspruch prüfen und in der Regel eine Wiederholung des Gutachtens veranlassen. Entspricht auch der neuerliche Bescheid der Pflegekassen nicht den Vorstellungen des Versicherten, kann er innerhalb von einem Monat Klage beim Sozialgericht einreichen. Dieses Verfahren ist für den Kläger kostenfrei.
Für privat Versicherte ist kein Widerspruchsverfahren vorgesehen. Sie müssen direkt beim Sozialgericht klagen. Einige Gesellschaften überdenken ihre Entscheidung aber, wenn Sie mit dem Klageweg drohen. Privat Versicherte können nicht selbst ihr Gutachten einsehen, sondern müssen damit einen Arzt oder Rechtsanwalt beauftragen.
Stand: 10.08.2015 https://www.verbraucherzentrale.de
Wohnungsanpassung
Pflegebedürftige Menschen mit Pflegestufe und auch Personen mit „Einschränkungen der Alltagskompetenz“ ohne Pflegestufe bekommen Unterstützung bei der Anpassung ihrer Wohnung auf ihre speziellen Bedürfnisse. Häufig gehören dazu der Einbau einer flachen oder bodengleichen Duschtasse im Bad und die Beseitigung von Schwellen und Stufen. Die Pflegekasse bezuschusst diese Umbauten mit bis zu 4000 Euro. Hier finden Sie weitere Informationen zur Wohnungsanpassung. Bis zu vier anspruchsberechtigte Personen, die zusammenleben, können ihre Ansprüche auf Anpassungen zusammenrechnen, so dass bis zu 16.000 Euro zur Verfügung stehen.
Stand: 06.01.2016 https://www.verbraucherzentrale.de
Wohnungsanpassung: Veränderungen für ein angenehmeres Leben
Der Boden zu rutschig, der Duscheinstieg zu hoch und die Treppen vor dem Haus haben kein Geländer – manchmal genügen kleinste Mängel im Mietshaus oder Eigenheim und die eigenen vier Wände werden zum Hindernisparcours. Aus Unwissenheit oder Angst vor hohen finanziellen Ausgaben finden sich viele mit solchen Stolperfallen in der Wohnung ab. Dabei kann so manches Problem schon mit wenig Aufwand und Kosten beseitigt werden.
Zuschuss von der Pflegeversicherung
Wer den Wohnraum seinen Bedürfnissen anpassen möchte und nicht weiß, wie er das anstellen soll, kann eine Wohnberatungsstelle aufsuchen. Die Wohnberatung hilft auch, Wohnungen für Menschen mit Demenz sicherer und übersichtlicher zu gestalten. Die Wohnberater erarbeiten nicht nur konkrete Lösungsvorschläge; sie informieren auch darüber, wie solch ein Umbau finanziert werden kann, denn in manchen Fällen winken sogar Zuschüsse. Pflegebedürftige, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, können bei ihrer Pflegekasse einen Antrag auf einen Zuschuss für eine Verbesserung des Wohnumfelds stellen. Die Pflegeversicherung übernimmt statt wie früher bis zu 2.557 Euro nun bis zu 4.000 Euro pro Vorhaben. Leben mehrere Pflegebedürftige gemeinsam in einer Wohnung, können sie bis zu 16.000 Euro (zuvor: 10.228 Euro) pro Umbau erhalten. Eine zusätzliche Förderung gibt es für neu errichtete ambulant betreute Wohngemeinschaften. Um Wohnungen für die Nutzung durch eine solche Wohngemeinschaft umzubauen gibt es bis zu 10.000 Euro.
Verschiedene Baudarlehen
Neben den Zuschüssen der Pflegekasse können pflegebedürftige und schwerbehinderte Menschen unterschiedliche Baudarlehen beantragen.
Eine weitere Möglichkeit bietet sich für Eigentümer oder Mieter per Kredit aus dem Programm „Altersgerecht umbauen“ der KfW Förderbank. Damit werden Modernisierungen im Wohnungsbestand finanziert, die Barrieren verringern. Die Förderung von bis zu 50.000 Euro pro Wohneinheit gibt es auch für den Erwerb frisch umgerüsteter Wohngebäude. Der Kredit wird über die Hausbank des Antragstellers abgewickelt. Empfehlenswert ist die Kombination mit den KfW-Förderprogrammen. Gewährt wird entweder ein Investitionszuschuss oder ein Kredit. Wer ein Wohngebäude zur Eigennutzung kauft, erhält weitere Förderungen.
Menschen mit einer Behinderung können auch über die so genannte „Eingliederungshilfe“ Mittel beantragen, die der Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer Wohnung, angepasst an die Bedürfnisse des Bewohners, dienen. Diese Förderung ist einkommens- und vermögensabhängig. Auskunft gibt der örtliche Sozialhilfeträger.
Wohnberatungsstellen begleiten die Umsetzung des Vorhabens, prüfen Kostenvoranschläge und helfen bei möglichen Problemen mit Vermietern oder Kostenträgern. Weitere Informationen zur Wohnungsanpassung und eine Liste von Beratungsstellen in Deutschland finden Sie hier.
Stand: 03.02.2016 www.verbraucherzentrale.de
Pflegestufen – was bedeutet das?
Welche Pflegestufe für einen Pflegebedürftigen gilt, richtet sich immer danach, wie viel und wie oft Hilfe nötig ist. Dazu zählt neben Körperpflege, Ernährung und Mobilität (grundpflegerische Hilfe) auch die hauswirtschaftliche Versorgung.
Berechnet wird immer die Zeit, die eine Laien-Pflegekraft, zum Beispiel ein Familienangehöriger, an Zeit aufwendet. Es wird also kein Unterschied zwischen Laien und professionellen Pflegekräften gemacht.
Das Pflegeversicherungsgesetz unterscheidet dabei offiziell zwischen drei Pflegestufen:
Pflegestufe I – erhebliche Pflegebedürftigkeit
Um Leistungen gemäß der Pflegestufe I zu bekommen, muss ein Zeitaufwand von mindestens 90 Minuten täglich vorliegen. Auf die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) müssen dabei einmal täglich mindestens 46 Minuten entfallen. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung anfallen.
Pflegestufe II – Schwerpflegebedürftigkeit
Um Leistungen gemäß Pflegestufe II zu bekommen, muss ein Zeitaufwand von mindestens drei Stunden täglich vorliegen. Auf die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) müssen dabei dreimal täglich insgesamt mindestens zwei Stunden entfallen. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung anfallen.
Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftigkeit
Um Leistungen gemäß der Pflegestufe III zu bekommen, muss ein Zeitaufwand von mindestens fünf Stunden täglich vorliegen. Grundpflegerische Hilfe (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) muss dabei täglich rund um die Uhr anfallen – auch nachts – insgesamt mindestens vier Stunden. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung nötig sein.
Einschränkungen der Alltagskompetenz
In der üblichen Einstufung der Pflegeversicherung wird der besondere Betreuungsbedarf von Personen mit geistiger Behinderung oder einer Demenz bisher wenig berücksichtigt. Deshalb wurde für diesen Personenkreis, der aufgrund von „Einschränkungen der Alltagskompetenz“ einen besonderen Bedarf an Betreuung und Beaufsichtigung hat, eine besondere Regelung getroffen.
Unabhängig davon, ob eine Pflegestufe vorliegt, haben diese Personen Anspruch auf die Kostenerstattung spezieller Betreuungsleistungen. Außerdem haben sie auch ohne Pflegestufe Anspruch auf Pflegegeld bzw. Pflegesachleistung, Verhinderungspflege und Wohnungsanpassungen.
Versicherte mit Einschränkungen der Alltagskompetenz bekommen in den Pflegestufen I und II Aufschläge beim Pflegegeld und der Pflegesachleistung. Hier eine Übersicht aller Leistungen für Pflegebedürftige.
Dazu beurteilen die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) anhand von 13 festgelegten Kriterien die Schwere der Einschränkungen. Diese sind beispielsweise „unkontrolliertes Verlassen der Wohnung“, „mangelnde Einschätzung von gefährlichen Situationen“, „ein der Situation nicht angemessenes Verhalten“ oder „eine Störung des Tag-/ Nacht-Rhythmus“. Werden bei der Begutachtung wenigstens zwei dieser Kriterien erfüllt, davon eines aus einem eingegrenzten Kriterienkatalog, besteht Anspruch auf die oben genannten Leistungen. Wird noch wenigstens ein weiteres Kriterium aus einem festgelegten Bereich erfüllt, verdoppelt sich der Anspruch auf die Kostenerstattung für Betreuungsleistungen.
Erst Antrag stellen
Pflegebedürftige erhalten nur auf Antrag Leistungen von der Pflegekasse. Hier genügt ein formloses Schreiben. Wichtig ist es allerdings, den Antrag rechtzeitig zu stellen, denn: der Tag, an dem der Antrag bei der Pflegekasse eingeht, entscheidet über den Beginn der Ansprüche.
Bevor die Pflegekasse über ihre Leistungen entscheidet, muss der Medizinische Dienst (MDK) die Pflegebedürftigkeit beurteilen. Ein Gutachter stellt vor Ort fest, welche Hilfen notwendig sind und gibt der Pflegekasse den Hinweis, welche Pflegestufe angemessen ist.
Die Zuordnung zu einer der drei Pflegestufen ist nicht endgültig, sondern abhängig vom aktuellen Hilfebedarf, der sich auch ändern kann. Eine höhere Pflegestufe wird jedoch nur anerkannt, wenn der erhöhte Pflegebedarf auf Dauer (sechs Monate) besteht. Wer Leistungen einer höheren Pflegestufe beziehen möchte, muss wieder einen Antrag stellen und das beschriebene Verfahren beginnt von Neuem. Wer mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht zufrieden ist, kann Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen.
Stand: 30.12.2014 www.verbraucherzentrale.de